Einen Menschen, der vom Glauben abkommt, bezeichnet man als Abtrünnigen. Laut dem orthodoxen Islamverständnis ist der Tod die Strafe für diejenigen, die vom Glauben abkommen. Diese, dem Koran nicht entsprechende Ansicht wird folgender Hadith als Beweis vorgezeigt, “Tötet denjenigen, der vom Glauben abkommt.” (Bukhari, Dschihad, 149)
Allerdings kann man die Themen in Bezug auf Bestimmungen, Gebote, Verbote und Strafen nur vom Koran lernen. Aussagen, die keine Deckung im Koran finden oder Aussagen, die im Widerspruch zum Koran stehen, sind nicht Aussagen unseres Propheten.
Allah hat, wie auch der nachfolgende Vers es erfordert, “Und Er beteiligt niemand an Seiner Befehlsgewalt.” (Sure al-Kahf, Vers 26), dem Propheten keine Berechtigung erteilt in Bezug auf Urteile. “Die Entscheidung liegt allein bei Allah.” (Sure Yusuf, Vers 40). Auch Allah, der Urteilsherr, verkündet keine irdische Strafe für denjenigen, der vom Glauben abkommt.
Der Koran hat eine tolerante Herangehensweise gegenüber allen Ansichten und Glauben. ”Kein Zwang im Glauben!” (Sure al-Baqara, Vers 256). Niemand ist berechtigt, jemanden Zwang und Druck auszuüben, der nicht so denkt wie er selbst. Jeder ist frei das zu glauben, was er möchte. Wie auch in diesem folgenden Vers zu verstehen ist, ”Willst du etwa die Leute zwingen, gläubig zu werden?” (Sure Yunus, Vers 99), ist das Ausüben von Zwang zum Glaubensbekenntnis keine Handlung, die der Islam toleriert. ”Darum ermahne, wann immer die Ermahnung nutzt.” (Sure al-A’la, Vers 9). Und wenn das nichts nützt, dann sagt man “Euch euer Glaube und mir mein Glaube!” (Sure al-Kafirun, Vers 6) und schreitet weiter.
Wer sich aber von euch von seinem Glauben abtrünnig machen lässt und als Ungläubiger stirbt, deren Werke sind vergeblich im Diesseits und im Jenseits, und sind sie Bewohner des Feuers und verweilen ewig darin. (Sure al-Baqara, Vers 217). Wie auch aus diesem Vers zu entnehmen ist, wenn Menschen von ihrem Glauben abkommen, so ist dies ihre eigene Entscheidung. Sie leben nach ihren eigenen Bevorzugungen und sterben irgendwann. Und alle Taten vor ihrer Abtrünnigkeit gehen zunichte und sie werden im Jenseits zur Rechenschaft gezogen. Es erfolgt keine irdische Strafe oder Sanktion.
Siehe, diejenigen, welche glauben und danach ungläubig werden, dann wieder glauben und dann an Unglauben noch zunehmen, denen verzeiht Allah nicht, und Er leitet sie nicht des Weges. (Sure an-Nisa, Vers 137)
Wenn man diesen Vers vorsichtig liest, erzählt der Vers von Menschen, die zuerst gläubig und danach abtrünnig werden. Diese Personen wurden, nachdem sie abtrünnig geworden sind, nicht getötet. Sie sind danach wieder gläubig geworden. Und sie sind wieder ungläubig geworden. Während dieser Phase und hinterher hat Allah keinerlei Strafe bestimmt.
„Wer einen Menschen tötet, ohne dass dieser einen Mord begangen oder Unheil im Lande angerichtet hat, wie einer sein soll, der die ganze Menschheit ermordet hat.“ (Sure al-Maida, Vers 32)
Das Urteil des Verses ist eindeutig. Bis auf Vergeltung oder Kriegszustand gibt es kein Urteil in Bezug auf das Töten. Wenn dementgegen jemand aus einem anderen Grund jemanden tötet, als der Vergeltung oder des Kriegszustandes, dann gilt dies, als hätte diese Person die ganze Menschheit umgebracht. Derjenige, der nach seinem Abkommen vom Glauben auf den falschen Weg gerät, schadet sich nur selber. Auch derjenige ist im Verlust, der jemanden tötet, nur weil der andere seinen Glauben gewechselt hat. Allah betrachtet das Erhalten eines Lebens als schön, nicht das Töten. Allah toleriert nicht diejenigen, die das Maß und die Grenzen überschreiten.
„Und wer ein Leben erhält, soll sein, als hätte er die ganze Menschheit am Leben erhalten. Und zu ihnen kamen Unsere Gesandten mit deutlichen Beweisen; aber selbst dann wären viele von ihnen (weiterhin) ausschweifend auf Erden.“ (Sure al-Maida, Vers 32)